Da sprach der alte Häuptling der Indianer - von Sümpfen und dem Postamt

Montag, 15.12.2014

Hallo Ihr Lieben,

nachdem wir gerade wettertechnisch einige kühle (tagsüber 16 bis 20 Grad, nachts bis zu 7 Grad kalt, Männlein wie Weiblein liefen in langen Hosen herum und trugen dicke Sweatshirts, sogar fellgefütterte Winterstiefel und Wollschals haben wir gesehen) Zeiten hinter uns haben, hier wieder ein bisschen was von der Beachfront.

Irgendwann, als es noch warm war, statteten wir der Cape Coral vorgelagerten Insel Pine Island einen Besuch ab und fuhren die Straße bis zur Südspitze hinunter. Und wieder schien die Sonne, und wieder war es so wunderbar palmenschön, und wieder war jedes einzelne Haus eine Augenweide in Pastellfarben, und wieder traf der eine oder andere Blick durch Gärten und Häuser hindurch auf glitzerndes, funkelndes Meer oder einen friedlich in der Sonne liegenden Kanal - und zum ersten Mal hatte ich einen derartigen Schönheits-Overflow, dass ich mich einen verwirrten Augenblick lang nach Straßenlärm, Autoabgasen, Pfützen in rissigem Asphalt, schmuddelwettergrauen Straßenschluchten und missmutig dreinschauenen Leuten sehnte. Der Moment ging vorbei, und zum Glück landeten wir in einem sehr rustikalen Restaurant mit leicht muffiger Bedienung und Hunderten von beschriebenen und bemalten Papierfetzen, die an die Wand gepinnt waren und von der Decke baumelten. Alles Machwerke von Gästen, die, sofern sie Lust dazu haben, die auf den Tischen liegenden Papiertischdecken bemalen dürfen. Das "Kunstwerk" wird dann aufgehängt und augenscheinlich nie wieder abgenommen.

  

Wir waren auch in Everglades City, einem kleinen Ort, der sich selbst als "Tor zu den 10.000 Inseln" bezeichnet. Die Everglades selbst erstrecken sich über etwa ein Drittel der Fläche Floridas, der südliche Teil ab etwa Miami ist Nationalpark- Naturschutzgebiet. "Pa-hay-okee" nennen die Indianer die Everglades, was soviel wie Grasfluss bedeutet. Denn tatsächlich ist das ganze Gebiet ein fließendes Gewässer, das man nur deshalb nicht erkennt, weil der Wasserlauf (der, man kann es kaum glauben, bis zu 60 km breit wird) oft nur wenige Zentimeter tief und das ganze Gebiet mit Gras bewachsen ist. Und doch fließt dieses Gewässer mit einem Meter pro Stunde.

Everglades Grasland  

Fährt man auf dem Highway 41, der auch Tamiami Trail genannt wird (zusammengesetzt aus Tampa, wo die Straße beginnt, und Miami, wo sie endet), durch diese endlose grüne Landschaft, überquert man alle paar Hundert Meter Brücken, die dem Wasser das Laufen ermöglichen (*ähem* - wenn das mal nicht 'ne gelungene Sonntagabend-Formulierung ist).

Die Everglades sind nicht, wie ich immer dachte, ein einziges großes Sumpfgebiet. Tante Wiki klärt auf, dass es sich um eine Prärie handelt, die den überwiegenden Teil des Jahres überschwemmt und nur im Winter trocken ist. Der höchste Punkt liegt stolze 2,4 Meter über dem Meeresspiegel. Da muss man schon mal einen Aussichtsturm erklimmen, wenn man in die Gegend gucken möchte. Was wir gemacht haben. Auf dem nachfolgenden Filmchen ist nur Grün, Wasser und eine Straße zu sehen, zu hören ist Wind. Nicht zu hören und zu sehen ist meine Höhenangst, die ich immer besser in den Griff bekomme, weil ich mich ihr stelle. Also war ich mutig (andere Leute stiefeln da hoch wie nix) und wagte sogar einen Blick durch die Kamera:

-Hier sollte ein Filmchen kommen, aber Google und Youtube wollen meine Telefonnummer, um "sicherzustellen, dass du ein Mensch aus Fleisch und Blut und keine Maschine bist". Dafür darf ich dann auswählen, ob ich lieber eine Bestätigung per SMS oder Sprachnachricht bekommen möchte. Gar nichts will ich, die wollen was von mir. Frechheit, das! Denn um festzustellen, ob ich aus Fleisch und Blut bin, könnten sie ebensogut diese kleinen Felder benutzen, in denen verzerrte Buchstaben stehen, die man von Hand nachtippen muss. Ein System, das schon seit Jahrzehnten bewährt und - da liegt wohl der Hase im Pfeffer - völlig anonym ist! ....Entschuldigung, wo war ich stehengeblieben? Ach ja, statt Filmchen gibt es Bildchen:

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Zurück zu den Everglades (auch aus Wiki:) Sie werden etwa zur Hälfte landwirtschaftlich genutzt, die andere Hälfte ist Naturschutzgebiet. Hier sind die einzigen wildlebenden Flamingos der USA beheimatet. Es gibt Waschbären, Schwarzbären, Schlangen, die wunderbaren Seekühe, denen wir unbedingt noch einen Besuch abstatten wollen, und den fast schon ausgestorbenen (etwa 30 Exemplare sollen noch leben) Florida-Panther. Übrigens sind die Everglades die einzige Region auf der Erde, in der sowohl Alligatoren als auch Krokodile leben. Alligatoren im Süßwasser, Krokodile am Salzwasser.

Der Ort Everglades City ist vor allem klein. Er hat ca. 400 Einwohner und besitzt zwei bis drei Hotels, einige Restaurants, eine Kirche, einen Sportplatz, ein Museum, eine Schule. Es gibt sogar einen kleinen Flughafen, man glaubt es kaum und versteht nicht recht, warum. Viele Airboat-Touren starten von hier, mit denen Touristen durch die Wasserwege der Everglades geschippert werden und einheimisches Getier zu Gesicht kriegen. Oder nicht, denn die Boote machen einen enormen Lärm, was doch irgendwie kontraproduktiv ist!?. Das Gebiet ist beliebt bei Wassersportlern, besonders für Kajaktouren. Hier sollte noch ein Filmchen kommen, aber.. siehe oben.

Airboat    Da schippert gerade eins davon Verwurzelt World famous - wer kennt es nicht ;-)     Alles fliesst   Vorsicht, Manatees (Seekühe) Friendly Boating    Everglades City Hier gab es leckeres Seafood   Order here Essen an der Klappe abholen  An old crab lives here        

Ich glaube, das hiesige Postamt ehrt uns bald mit der goldenen Briefmarke für Kundentreue, so oft, wie wir dort schon aufgetaucht sind. Und immer wieder ist man hilfsbereit und aufmerksam mit uns, die wir manchmal leicht irritiert sind angesichts der Vielfalt der Versendungsmöglichkeiten und Maße und Gewichte (alles in inch, feet, Unzen und Pounds). Die amerikanische Post steht der deutschen in Sachen Bürokratie in nichts nach. Es gibt verschiedene Tarife, Größen, Sendungsformen (Express, Priority Mail, und ganz schlicht, was immer das ist).

Für ein Weihnachtspäckchen, das wir nach Neuseeland senden wollten, hatten wir ein kostenloses faltbares Papp-Päckchen besorgt und befüllt. Am Schalter wog die Dame das Paket und meinte, es würde an die 50 Dollar Porto kosten, ob das nicht ein wenig zu teuer sei. Es gäbe eine alternative Versendungsmöglichkeit,für die sie dann auch gleich die Kosten ausrechnete. 26 Dollar, wir müssten nur die Ware umpacken. Flugs zauberte sie einen gebrauchten Karton hinterm Tresen hervor, legte einen breiten Klebefilm-Abroller und einen Zollzettel dazu. Während wir umpackten und das Formular ausfüllten, bediente sie die nächsten Kunden, und als wir fertig waren, mussten wir uns nicht wieder hinten in der Schlange anstellen, sondern sie winkte uns 'ran, kassierte und meinte, als wir uns für ihre Hilfe bedankten: "Ist doch prima, jetzt habt ihr noch Geld für einen Lunch übrig." Es macht Spaß, wenn Service so groß geschrieben wird und die Leute die Arbeit mit Engagement und einem Lächeln erledigen.

Es gibt einen Ort hier, der heißt Immokalee, was in der Sprache der Seminolen-Indianer "Meine Heimat" bedeutet. Die indianischen Namen klingen so schön, ich könnte einen ganzen Blogeintrag dazu machen. Ein Lieblingsname ist "Okeechobee", das bedeutet einfach nur "großes Wasser", so heißt der drittgrößte der vollständig in den USA gelegenen Süßwasserseen. Mississippi bedeutet übrigens auch "großes Wasser" und ist ebenfalls indianischen Ursprungs, allerdings von einem ganz anderen Stamm. Denn entgegen landläufiger Meinung haben Indianer keine einheitliche Sprache, Kultur, Religion.

Seit heute ist das Wetter übrigens wieder sonnig und warm. Hier noch ein paar Fotos aus unserer Umgebung

Fort Myers Beach1   Was bedeutet bloß Klamotten, Kleinkunst, Juwelier   Canale Grande ;-) Rund um den Times Square1   noch mehr Graffity Da geht's zur Seebrücke   Weihnachtssternpalme  Unser neuer Chorbus? Da passt die Band samt Technik mit 'rein

An dieser Stelle ein besonderer Gruß an den Oldie-Chor Glinde - Ihr habt heute so schön gesungen, ich habe es bis hierhin gehört und mir wurde ganz warm ums Herz... ;-)

Arrivederci, Ihr Lieben, trinkt einen Glühwein für mich mit - für Werner nicht, der muss noch fahren ;-)

Mani wastete yo ("Glück auf deinem Weg" in der Sprache der Lakota)

Eure pesla (Kahlkopf) und mihigna (mein Ehemann)