Andere Länder, andere Sitten

Donnerstag, 23.10.2014

Hallo ihr Lieben,

holldrio, die Treppenstufen sind da!

Heute mal auf die Schnelle ein paar Einblicke in amerikanische Sitten und Gebräuche, die von den deutschen Gewohnheiten zum Teil erheblich abweichen:

Essen gehen

Am Eingang steht meistens ein Schild

Man wartet dort, bis man an einen Tisch geführt wird. Aber auch, wenn kein Schild zu sehen ist, sollte man einen Moment warten, bis jemand kommt, der einen an einen Tisch führt (oder sagt, dass man sich setzen kann, wo man möchte). Hintergrund ist offenbar eine gleichmäßige Verteilung der Gäste auf die Kellner, die überwiegend vom Trinkgeld (20%) leben. Die Bedienung stellt sich mit Namen vor, z.B. so: "Hi, how are you. I am Jenny and I am your server tonight."                                                                      Oft wird unaufgefordert ein Glas oder ein Krug mit Eiswasser serviert - eine Sitte aus alten Zeiten, als Menschen und Tieren nach langer Reise auf staubigen Straßen erst einmal Wasser gegen den größten Durst gereicht wurde.So gut wie alle Restaurants schenken Softdrinks nach, man bezahlt nur für das erste Glas (im Diner bekommt man soviel Kaffee nachgeschenkt, wie man möchte).

Beim Essen wird nur die Gabel benutzt, nachdem man alles in mundgerechte Stücke zerteilt hat. Die andere Hand liegt im Schoß oder neben dem Teller auf dem Tisch - Ebenfalls ein Relikt aus den Tagen des "Wilden Westens", als man immer eine Hand am Colt hatte :D. Sich nicht aufgegessenes Essen für Zuhause einpacken zu lassen, gilt als völlig normal.

Bunt draußen ... VW Bully drinnen

Bunt draußen...                                            VW Bully drinnen (der steht da wirklich mitten im Lokal)

Das Essen im Restaurant dient hierzulande mehr der Nahrungsaufnahme als dem zwanglosen Beisammensein mit Essen und stundenlangem Sitzen hinterher. Nach dem Essen wird man gefragt, ob man noch ein Dessert oder Getränk haben möchte, dann wird zügig die Rechnung gebracht. Zum Plaudern und Trinken bleibt man nicht am Tisch sitzen, sondern geht an die Bar. Schade eigentlich, ich finde gerade diese europäische Um-den-Tisch-sitzen-und-essen-und-klönen-und-trinken-und-klönen-undsoweiter sehr angenehm. (Werner:) Wenn das Lokal nicht voll ist, bekommt man den Hinweis, dass man sich Zeit lassen kann, bevor man geht.

Auto fahren

Gewöhnungsbedürftig ist, dass man hier rechts überholt wird auch rechts überholen darf. Die Straßen sind breiter als in Deutschland, oft vierspurig, und insgesamt wird gelassener, ruhiger gefahren. Die Ampeln hängen direkt über der Kreuzung. Angenehm ist, dass vorher angezeigt wird, welche Straße als nächstes kreuzt. Auch wird an jeder Kreuzung der Straßenname der Straße, die man kreuzt, angezeigt.

          Beneva Road an der nächsten Ampel

So muss man nicht mühsam nach versteckt angebrachten Straßenschildern suchen. Naja, in Navi-Zeiten ist das wahrscheinlich nicht mehr so wichtig. Rechtsabbiegen ist in der Regel auch bei roter Ampel erlaubt.

Unser Feriencondo liegt in einer Apartmentanlage in der Nähe einer siebenspurigen Straße. Um zu "unserem" Supermarkt zu gelangen, müssen wir sie überqueren, und das gelingt erstaunlicherweise gut, sowohl zu Fuß als auch mit dem Auto. Die mittlere Spur ist für beide Fahrtrichtungen zum Abbiegen und zum Einfädeln benutzbar, und der Fußgänger kann dort einen Stop einlegen, wenn die anderen Fahrbahnen nicht frei sind. Sehr praktisch.

Ich habe übrigens gleich bei meiner ersten Fahrt auf amerikanischem Boden zwei Vollbremsungen hingelegt. Unser Mietwagen hat, wie fast alle Autos hier, ein Automatikgetriebe. Man muss also nur Gas geben und bremsen, der linke Fuß hat Pause. Leider habe ich ganz automatisch die Kupplung treten wollen - und bin in Ermangelung einer solchen voll auf die Bremse gestiegen.                              Manchmal gibt es Kreuzungen mit Stopschildern an jeder einmündenden Straße. Dort gilt das Prinzip "Wer zuerst kommt, darf zuerst wieder losfahren." Es zwingt alle zu Aufmerksamkeit und klappt super. Wenn ein Schulbus Blinklichter eingeschaltet hat, darf niemand überholen. Auch nicht, wenn der Bus steht. Niemand verletzt diese Regel. An Baustellen, ob auf Autobahnen oder in der Stadt gibt es häufig keine besonderen Geschwindigkeitsbegrenzungen. Allerdings weisen Schilder darauf hin, dass bei Geschwindigkeitsübertretung doppelt hohe Strafen fällig werden, wenn auf einer Baustelle Arbeiter tätig sind. Ansonsten ist der Schilderwald so groß wie bei uns, wenn nicht größer.                               (Werner:) Übrigens, in Teilen der USA waren schon 1974 Abgaskatalysatoren (damals noch ungeregelt) vorgeschrieben. Bei uns begann die Einführung von Kats 1984, ab 1989 wurden sie Pflicht.

Autos fahren, Vögel fliegen, und an den Straßen sieht man auch Schilder wie diese:

Birding Trail

Der Great Florida Birding Trail ist ein floridaweit fast 500 Orte umspannendes Netz, in denen die Lebensräume der Vögel (514 Arten) geschützt werden. Es umfasst Vogelbeobachtung, Umweltschutz und Ökotourismus.

Wäsche waschen

Das Waschen hier erinnert mich an Waschtröge aus alten Zeiten, als man die Wäsche einfach in heißem Wasser versenkte und dann rührte, bis der Arm lahm war. Die Waschmaschine ist ein schlichter Metallkasten. Wenn man den Deckel öffnet, sieht man in ein Loch, in dessen Mitte eine Art Quirl sitzt.

Waschmaschine und Trockner               Waschmaschine von innen

Wäsche 'rein, Waschmittel draufstreuen/-gießen, Deckel zu, Kalt/Mittel/Heiß wählen und los geht es. Und was soll ich sagen? Sie wäscht! Sie wäscht leise! Sie wäscht schnell! Und das Beste: Die Wäsche wird sauber! - ganz ohne Feuchtemessung-2,5-Stunden-Schonprogramm-Thermo-Trommel-Schaumregulierung-Wellness-Outdoor-Silk-Wolle-Gardinen-Dosierung-Flüster-iQdrive-Motor und was es nicht sonst noch alles so gibt für das perfekte Waschvergnügen …

Lichtschalter

Die Lichtschalter sind auch gewöhnungsbedürftig. Man sucht sie am Kabel - nichts ist zu finden. Man sucht sie am Lampenfuß - auch nichts. Man tastet sich zur Glühlampenfassung hoch (sehen kann man ja nichts, es ist ja dunkel, oder der Schirm ist davor) - und wenn man lange genug 'rumsucht und es nicht gerade ein Heute-gelingt-mir-gar-nichts-Tag ist, ertastet man irgendwann eine Art Nagel mit einem Rädchen am Ende, an dem man zum Ein- und Ausschalten drehen muss - immer in dieselbe Richtung.

Ach ja, und zu guter Letzt: Sich in der Öffentlichkeit die Nase zu putzen ist absolut verpönt, ebenso das Aufhängen von Wäsche (auch Badetücher) auf dem Balkon.

Mehr von uns, Land und Leuten und auch zur Condo-Suche demnächst - die Luft ist noch immer voller Champagner, aber wir sind inzwischen voll akklimatisiert und bewahren einen kühlen Kopf. :D

Es grüßen (wir hören von Ferne das Herbstlaub bei euch rascheln)

die Floristen