Tagestrip zu den Florida Keys

Donnerstag, 18.12.2014

Gestern haben wir einen Tages-Ausflug auf die Florida Keys gemacht. Unser Ziel war Key West an der Südspitze der Inselkette.

Zunächst ging es wieder durch die Everglades. An der Straße sah man Schilder mit der Aufschrift "Florida Panther crossing next 3 miles". Wir haben aber keinen der sehr scheuen und vom Aussterben bedrohten Tiere gesehen. Aber es kann schon mal vorkommen, dass sich ein Alligator auf dem warmen Asphalt der Straße sonnt. Bei einem früheren Besuch in Florida haben wir das schon erlebt. Eher zufällig machten wir an einem Visitor Center im Big Cypress National Preserve Halt und wurden mit einem tollen Anblick belohnt: Alligatoren hautnah, keine zwei Meter von uns entfernt, genauer gesagt: unter uns, denn sonst hätten wir wohl diese Fotos nicht gemacht (sie gleiten übrigens lautlos durchs Wasser, wie auf Schienen).

      Frau Alli und Herr Gator   Eine Runde schwimmen Wie weit traut sich der Vogel?Der Vogel unten links im Bild, ein Anhinga,tippelte langsam, vorsichtig, aber stetig auf den Alligator zu. Nichts passierte. Alligator satt?

Fische dösenFische, Hechte? ... sonnten sich unter der Wasseroberfläche gleich neben den Alligatoren. Offenbar wissen hier alle Lebewesen Bescheid, wann sie sich den urzeitlichen Tieren relativ gefahrlos nähern dürfen - nur die Menschen nicht, die sollten es lieber gar nicht auf einen Versuch ankommen lassen.

    Der hier war ca. 2 Meter lang

Im Big Cypress Swamp ist der Stamm der Miccosukee-Indianer beheimatet. Es gibt mehrere indianische Dörfer, die man besuchen kann. Dort wird Handwerkskunst gezeigt, Kultur und Rituale werden erklärt, es gibt ein Museum und ein Restaurant. Wir waren spät dran und verzichteten darauf, machten aber noch ein Foto vom Betonsockel eines Fahnenmastes an einer Miccosukee-Tankstelle: Man bevorzugt schwarz-rot-gold ;-)

                                                

Schließlich erreichten wir die Ausläufer von Miami und bogen gen Süden ab nach Key Largo (kleiner Einschub: Im Song "Kokomo" von den Beach Boys werden die Florida Keys und Key Largo erwähnt. Wie wäre es damit als Hintergrundmusik fuer diesen Blogeintrag?

Key Largo ist die Wassersport-Insel schlechthin. Man kann schnorcheln, tauchen oder mit dem Glasbodenboot die Unterwasserwelt erkunden.

Dann ging es weiter über die zahlreichen Brücken gen Süden. Die Florida Keys sind eine Korallen-Inselkette, deren Inseln durch 42 Brücken verbunden sind. Unter Wasser erstreckt sich das drittgrößte tropische Korallenriff der Welt. Die längste der Brücken ist die Seven-Miles-Bridge, gut 11 km lang mit nichts als blauem Himmel und in der Sonne funkelndem Meer drumherum ("Links der Atlantik, rechts der Golf von Mexiko", sagte Werner) Nebenan sieht man übrigens die einstige Eisenbahnbrücke, die alle Inseln miteinander verband und 1935 einem Hurrikan zum Opfer fiel. Man hat sie einfach so stehen lassen.

  Seven Miles Bridge      Eisenbahnbrücke                                                  

Viele Inseln sind bewohnt, manche haben richtig große Ortschaften. Einige sind mangrovenbewachsen, andere sind unbewohnt wie z. B. Bahia Honda Key, auf dem sich der Bahia Honda State Park befindet. Dort findet man naturbelassene Landschaft, ein paar Picknickplätze und tolle Strände. Die Inseln tragen zum Teil originelle Namen wie Zuckerhut, Kleine Taschenlampe, Mittlere Taschenlampe, Große Taschenlampe, Fiesta Key.

Aber die Florida Keys sind viel mehr. Man taucht ein in karibische Gelassenheit, tropische Wärme, Wasser ringsum, ein zurückgelehntes Lebensgefühl. Die Keys fühlen sich an wie Entspannung und Freizeit pur. Es gibt keine großen Häuser, kein Stadtleben, kein Gehetze. Vielmehr gleitet man von Insel zu Insel, bewundert die Schönheit der üppigen Vegetation, genießt die Brise, die vom Meer kommt (es roch nach Seetang), und je weiter man sich vom Festland entfernt und quasi auf's Meer hinaus fährt, umso mehr staunt und guckt man und ist zufrieden mit sich und der Welt. So geht es mir jedenfalls. Kein Stress.

Apropos: Wenn man in den USA unterwegs ist, unterschätzt man leicht die Entfernungen, weil man geneigt ist, Meilen mit Kilometern gleichzusetzen. Die Strecke von unserem Standort bis nach Key West, der südlichsten der Inseln, beträgt 294 Meilen, das sind 473 km oder gut fünf Stunden Fahrzeit - für eine Strecke. Wir waren schon öfter auf den Keys und wollten nur eine kleine Stippvisite machen, deshalb hatten wir zum ersten Mal keine Übernachtung eingeplant. Tiefenentspannt, wie wir sind, kamen wir etwas zu spät los, nämlich gegen halb Zehn, waren nachmittags in Key West, hielten uns bis halb acht dort auf und waren um ein Uhr nachts wieder zuhause.  Besser plant man ein, zwei Übernachtungen ein, damit man die vielen Schätze, die speziell Key West zu bieten hat, auch richtig genießen kann. Und damit man das sehr bunte Nachtleben mitbekommt.

Key West ist in jeder Hinsicht anders, und das liegt nicht nur daran, dass hier neben den Touristen, die zahreich kommen und gehen, alle möglichen Leute vertreten sind, Hippies und Querdenker, Aussteiger, Schwule und Lesben neben vielen anderen Typen. Die Stadt ist für ihre Toleranz und Akzeptanz bekannt und hat den Leitspruch "One Human Family" angenommen, um dem Wunsch, alle Menschen mit Respekt und Würde zu behandeln, Ausdruck zu verleihen.

Es gibt jede Menge wunderschöne Häuser (Fotos unten), das Flair ist tropisch, karibisch (Kuba ist nur 86 Meilen entfernt), pastellfarben, bunt, laut, schräg, aber auch verwunschen und still. Der Southernmost Point erinnert daran, dass hier der südlichste Punkt des US-Festlands ist.

quelle www.aida-weblounge.de

Auf dem ganzen Eiland laufen Hühner, braun und gesund und gut im Gefieder, herum. Ein Geheimtipp ist der Friedhof. Dort gibt es so manche kuriose, humorvolle, skurile Inschrift zu lesen z. B. "Ich hab dir doch gesagt, dass ich krank war" oder "Jetzt weiß ich wenigstens, wo er heute nacht schläft" zum Beispiel :D. Ernest Hemingway hat hier eine Zeitlang gelebt. Nicht auf dem Friedhof natürlich, sondern in einem im spanischen Kolonialstil erbauten Haus, das man samt dem Arbeitszimmer, in dem er einige seine Werke verfasste, sowie die zahlreichen Nachfahren seiner sechszehigen Hauskatzen besichtigen kann. Schön! Sehenswert!

Jetzt in der Vorweihnachtszeit sind viele Gebäude, besonders die Hotels und Bed & Breakfasts, blinkend und blitzend und kitschig-schön dekoriert. Die wenigen Fotos, die wir gemacht haben, sind nicht doll geworden. Aber vielleicht geben sie einen kleinen Eindruck wieder. Oft werden die Palmenstämme mit Lichterketten umwickelt, das sieht aus, als recken sich Spiralen in die Luft

     

Sloppy Joe's Bar ist eine der Bars, in der Ernest Hemingway zechte. So sah sie in den 1980ern aus: Genau wie heute: 

Viele Musikkneipen und Bars haben offene Türen und Fenster. Dort steigen schon mal Gäste auf den Tresen und wackeln zur Musik eher ausgelassen als lasziv mit den Hüften. Diese eher brav dastehende Dame war gerade fertig mit ihrer Performance und stand noch da 'rum, da hab ich fotografiert. Also nee... ;-)

Tresentänzerin

Wir schlenderten die Duval Street rauf und runter, kamen bei Willie T's vorbei, einer Musikkneipe, und zufällig gab es dort Live-Musik von Gerd Rube Hm, ein deutscher Name? Nie gehört! Ja, tatsächlich, ein deutscher Musiker, der in der Wintersaison auf Key West ein festes Engagement hat. Wenn ihr Nachtschwärmer seid (wegen der Zeitverschiebung), könnt ihr H I E R einen Live-Stream vom Willie T's sehen und hören (montags, dienstags, donnerstags und freitags Gerd Rube, an anderen Tagen andere Musiker)

Die Straßen von Key West sind gesäumt mit hübschen Häusern

  quelle_MagazinUSA.com Schnapsladen hat immer Konjunktur   

Im Hardrock Café waren wir auch. Hier Stiefel von Jimi Hendrix  Stiefel von Jimi Hendrix im Hard Rock Café Key West

Kurios und typisch für die Originalität der Insulaner ist auch, dass Key West eine eigene Republik ist. Am 23. April 1982 erklärte die Insel ihre Unabhängigkeit und rief eine eigene Republik, die Conch Republic, aus. Der Bürgermeister wurde zum Premierminister ernannt, man erklärte den USA den Krieg, kapitulierte allerdings eine Minute später bedingungslos und ersuchte um rund 1 Mrd. Dollar für den Wiederaufbau. Humor made in Key West. Da die Vereinigten Staaten niemals konsequent gegen die Conch Republic vorgingen, existiert sie noch immer. Der Unabhängigkeitstag, der 23. April, wird jedes Jahr ausschweifend und unkonventionell gefeiert, u. a. mit Drag-Queen-Rennen und der Nachstellung einer historischen Seeschlacht mit dem Flaggschiff "Wolf". Bewaffnung zur Verteidigung ist kubanisches Brot, Tomaten und Klopapier getreu dem Motto: "Die Linderung der Weltspannung durch die Ausübung von Humor". Eine Hymne gibt es auch, juhu! Und Steuern sind Fehlanzeige: "Wir glauben nicht an Steuern für die Conch Republic, wenn wir Geld brauchen schmeißen wir eine Party".  Dabei versteht sich die Conch Republic ohnehin eher als "State of Mind",  d.h. als Staat ohne territorialen Anspruch, friedliebend und humorvoll.

Das alles ist ganz nach meinem Geschmack, und mein kleines altes Hippie-Herz möchte jedes Mal, wenn wir dort sind, Bürger der Conch Republic werden. Das geht durchaus, man klopft beim Bürgermeister an, trägt sein Anliegen in friedlicher Absicht vor, und schwupps!... Aber ach, es kostet "Gebühren"! Scheint ganz so, als lege der Spaß beim Geld eine kleine Verschnaufpause ein ;-). Wie war das mit den Steuern? Wie auch immer, es hat dieses Mal wieder nicht geklappt. Vielleicht sollte ich auch besser vorbereitet sein und die Haare erstmal wieder wachsen lassen. Und die Hymne auswendig lernen. Die geht so - aber vorher: Aufstehen, Hände nicht an die Hosennaht, sondern fest auf den Hintern (den eigenen oder wahlweise den vom Nebenmann/frau. Das ist nicht meine Idee, der Hymnen-Komponist und -Sänger Michael McCloud will es so) und los geht es mit der Conch Republic National Anthem vom Erschaffer himself:

http://youtu.be/AtiZpbRGHZg

Eine weitere, vor Erlangung der Staatsbürgerschaft zu klärende Frage: In der Hymne ist viel von Bier, kubanischen Zigarren und schönen Frauen die Rede, wo bleib da ich? Und was zum Teufel sagt er, bevor er singt? Aber egal, wird sich alles klären, beim nächsten Mal (Vormerken: "If you're ever here in Key West, go to Schooner Wharf Bar and hear Michael McCloud sing it in person")

Viele liebe Grüße

Eure "Conch"uistadors

Werner und Helga